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Periodisierungstechniken: Die klassische Periodisierung

In diesem Artikel wird die klassische Periodisierung oder auch gemixte Periodisierung eines Trainings beschrieben.

Bei der Trainingsperiodisierung wird das Training in unterschiedliche Zyklen oder Bereiche geteilt, welche nacheinander abgearbeitet werden. Eine Periodisierungsart stellt dabei die klassische Periodisierung dar, welche in vielen Sportarten nach wie vor führend ist.

Die klassische Periodisierung gibt es bereits seit den 40er-Jahren, wobei sich das gängige Konzept in den 60er-Jahren in der Leichtathletik entwickelte. Verantwortlich dafür waren, wie sollte es anders sein, die Sowjets. Tudor Bompa gilt als der geistige Vater dieser Trainingsmethode, die bis heute noch genutzt wird. Neben systematischer Talentauslese, Doping und Disziplin gilt auch diese Trainingsmethodik als Mitgrund für die Dominanz der Sowjets.

Doch auch im Fußball wurde periodisiert; Valeriy Lobanovskiy erarbeitete fußballspezifische Periodisierungen für sein Trainingskonzept, um für europäische Aufgaben immer frisch und fit zu sein. Seine Erfolge und seine Ansätze gelten bis heute als Meilenstein des modernen Fußballs. Auch Rinus Michels oder Arsene Wenger sind Verfechter einer Periodisierung im Fußball.

Wie geht man im Allgemeinen vor?

Die Umsetzung ist, wenn man nicht besonders in Detail geht, sehr einfach. Unabhängig vom Fußball,  wird zuerst ein meist jährlicher Plan entworfen; bei Olympia-Teilnehmern existiert sogar ein vierjähriger Plan, ein sogenanntes Quadriennal. In diesem Trainingsplaner werden dann die wichtigsten Ziele, Turniere und Ruhephasen organisiert.

Diese Einteilung erzeugt letztlich drei, manchmal auch vier Zyklen.

Die erste ist die sogenannte Vorbereitungsperiode. In dieser Phase geht es um den grundlegenden physiologischen und mentalen Wiederaufbau. Der Körper soll wieder in Richtung Höchstleistungen geführt werden, im Grunde könnte man es als Vorbereiten des Körpers auf das spätere intensive Training bezeichnen. Diese Periode dauert meistens ein bis zwei Monate; je nachdem, wie intensiv danach belastet wird und wie stark der Körper in der vorhergehenden Pause verfiel.

Meistens wird dies mit einem großen Trainingsvolumen und wenig Intensität gemacht. Die Trainingstechnik wird wieder eintrainiert, der Körper aktiviert und der Sportler mental auf die kommende Trainingszeit vorbereitet.

Der darauffolgende Zyklus ist die erste Übergangsperiode. Hier wird der Sportler in Richtung Höchstleistungen angetrieben. Das Training wird intensiviert und die Anforderungen erhöht. Einige sehen diese Periode bereits als Bestandteil der Wettkampfperiode, wobei ich diese eher auseinanderhalten würde.

Als Wettkampfperiode würde ich jene unmittelbare Zeit vor dem Wettkampf bezeichnet, wo noch einmal verstärkt auf grundlegende Aspekte eingegangen wird, der Körper die potenziell erreichbare Leistungsspitze erreicht und der Sportler auch mental und taktisch auf die anstehende Herausforderung eingestimmt wird. Die Wettkampfperiode ist also eine Spezifizierung auf die unmittelbaren Umstände des Wettkamps, welche nicht unbedingt weit im Voraus geplant werden kann (Leistungseinbußen in bestimmten Bereichen durch bspw. Verletzung), Adaption an einen bestimmten Gegner oder sonstige Umstände, wie Höhenbedingungen oder das Wetter).

Der letzte Zyklus ist dann die zweite Übergangsperiode. Diese findet nach dem Wettkampf statt. Der Körper erholt sich von den hohen Anforderungen des Spitzensports, es gibt eine aktive Regeneration und der Sportler erholt sich auch mental von den fordernden Erlebnissen der letzten Wochen. Persönlich würde ich in dieser Zeit ein sehr einfaches Training mit vielen unterschiedlichen Aspekten empfehlen. Dadurch würde man dem Abschwächen der körperlichen Leistung in der Ruhephase entgegenwirken, gleichzeitig aber eventuell vernachlässigte Aspekte zumindest in puncto Technik und Taktik leicht trainieren können und dadurch eine bessere Basis für die kommende Übergangsperiode schaffen.

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Beispiel für eine klassische Periodisierung nach Matveyev

Beispiel für eine klassische Periodisierung nach Matveyev

Allerdings ist es dann doch nicht so einfach, wie es hier gemacht wird.

Von Zyklen in Zyklen

Innerhalb dieser Perioden gibt es bestimmte Zyklen. Wann intensivere ich denn was genau? Welche Aspekte muss ich überhaupt trainieren? Und wie gehe ich dabei vor?

Um diese Aspekte zu gewährleisten, gibt es drei Zyklen. Der erste und kleinste Zyklus heißt Mikrozyklus. Das ist letztlich die Planung einzelner Trainingseinheiten und dem Ablauf dieser in den Trainingswochen. In jedem Mikrozyklus wird festgelegt, wie das Training genau aufgebaut wird und welche kurzfristigen Ziele man in diesen Einheiten und Wochen erhalten will.

Der nächstgrößere Zyklus wird als Mesozyklus bezeichnet. In dieser wird auf ein Zwischenziel hingearbeitet. Mehrere Mikrozyklen werden zu einer Trainingseinheitengruppe verbunden, welche den Mesozyklus bilden, sie stehen für die Trainingswochen als solche. Hier geht es auch um die Harmonien innerhalb der unterschiedlichen Trainingseinheiten, die im Normalfall einem Ziel zuarbeiten.

Der Abschluss eines Mesozyklus bedingt meist die Erfüllung eines Ziels. Wenn man also von Boxern oder Leichtathleten hört, man läge mit der Vorbereitung „voll in der Zeit“, bedeutet dies, dass die Trainingsziele der bisherigen Mesozyklen allesamt  rechtzeitig erfüllt werden konnten.

Die Mesozyklen werden letztlich zum Makrozyklus zusammengefasst. Dieser umfasst das endgültige Ziel; einen Wettkampf oder Turnier, auf welches hingearbeitet wurde. Der Makrozyklus entspricht dabei nicht unbedingt dem gesamten Periodisierungszyklus von oben. So ist beispielsweise eine doppelte Periodisierung möglich, welche ein Kalenderjahr oder eine Saison in zwei Periodisierungen unterteilt.

Dadurch erhält der Körper mehr Ruhe, der Athlet ist geistig und dadurch auch im Training frischer, während die Verfallphasen geringer gehalten werden. Der russische Wissenschaftler Matveyev sagte für Sprinter dabei eine 1,55%ige Leistungssteigerung im Vergleich zu nicht-periodisierend trainierenden Athleten vorher [1]; relativ zu einer einzigen Periodisierung waren es nur 0,96%. Bei Hochspringern waren es zum Beispiel sogar mehr (5,05% und 2,4% respektive).

Allerdings gibt es noch weitere Differenzierungsmöglichkeiten bei der klassischen Periodisierung.

Linear, non-linear/konjugiert und gewellt

In der genauen Art der Periodisierung, also dem Aufbau innerhalb der jeweiligen Perioden, gibt es wiederum drei Unterschiede.

Die lineare Trainingsweise geht dabei auf den bereits erwähnten Matveyev zurück. Hier werden einzelne Bereiche gesondert trainiert, bis das Trainingsziel in diesem Bereich erreicht ist. Der Bereich als solcher kann aber sowohl sehr eng als auch sehr weit definiert werden. Dennoch gab und gibt es Kritik an dieser Trainingsart. Indem mit gleichen oder zumindest sehr ähnlichen Übungen und innerhalb klar abgesteckter Rahmen trainiert wird, können einzelne Aspekte des Trainings vernachlässigt werden. Gleichzeitig kann der jeweilige Trainingsaspekt zu stark vereinfacht werden, was zu geistiger wie körperlicher Unterforderung führt.

Der Athlet gewöhnt sich an die jeweiligen Abläufe, sein Körper ebenfalls und die Effektivität sowie Motivation nehmen ab.

Darum entwickelte Verkhoshansky die nonlineare bzw. konjugative Methode. Hier werden zwei, oftmals nur indirekt miteinander verbundene Bereiche des Trainings direkt miteinander verbunden. Beispielsweise wird Schnellkrafttraining mit Muskelaufbau verbunden oder Ausdauer mit Schnelligkeitsausdauer; dadurch soll der Körper stärker gefördert werden und Automatismen sollen sich nicht zu sehr einschleifen.

Linear ist diese Umsetzung des Trainings nicht, weil die Übungen naturgemäß etwas variiert werden, um die jeweiligen unterschiedlichen Aspekte möglichste effektiv zu trainieren. Sowohl Intensität als auch Dauer werden immer wieder verändert, manchmal auch die Übung als solche. Auch in der Mai-Ausgabe aus dem Jahr 2002 vom „The Journal of Strength and Conditioning Research” wurden die Effekte geschildert; bis zu 50% waren die damit trainierenden Athleten in puncto Kraft der Kontrollgruppe überlegen.

Wieso ist das so? Nun, der Körper reagiert auf die unterschiedlichen Reize mit veränderter Ausschüttung der Hormone und ähnlichem. Vorteilhaft ist somit auch der veränderte physiologische wie psychologische Reiz, der das Training effektiver macht. Dieses Prinzip wurde bei der Entwicklung der Blockperiodisierung ebenfalls genutzt, Verkhoshansky gilt mit Issulin als Pionier dieser Periodisierungsvariante.

Der ehemalige Gewichtheber-Trainer JV Askem nutzte beispielsweise ebenfalls eine solche Periodisierung, die er sogar noch etwas variierte. Er wählte die konjugative Methode und entwickelte dazu lineare Abläufe, um ein Übertraining bzw. eine körperliche Überlastung zu verhindern, indem er dem Training eine größere Planbarkeit gab. Gleichzeitig verband er trotzdem mehrere Aspekte miteinander, wodurch sich seine Sportler besser entwickelten.

Die gewellte Methode ist eine Mischung der beiden großen Methoden und wird teilweise auch als effektiver bezeichnet.

Das Training als solches wird in seiner Umsetzung zusätzlich noch erweitert. Bei der gewellten Methode werden unterschiedliche Aspekte miteinander im Training verbunden und gleichzeitig innerhalb des Trainings variiert; Dauer, Belastung, genaue Umsetzung oder Intensität sind veränderlich. Selbst wenn man die lineare Trainingsausrichtung als Fundament nimmt, ist es möglich dadurch interessante Wechselwirkungen zu erzeugen.

Der Körper und auch der Geist werden also immer wieder neu gefordert. Sie müssen unterschiedliche Aspekte miteinander verbinden, gleichzeitig erhält der Körper nicht nur durchgehend einen Reiz, sondern immer wieder einen neuen. In der Theorie wird damit der Superkompensationseffekt verstärkt und das Training wird effektiver.

Als letzte Alternative sei noch das unidirectional loading, am besten vielleicht als „einseitige Belastung“ übersetzt, genannt. Hierbei wird einfach progressiv und ohne langfristigen Plan trainiert; dies wird insbesondere bei Einsteigern im Bodybuildung aus vorwiegend psychologischen Gründen empfohlen. Im Leistungssport spielt diese Methode aber kaum eine Rolle, weil sie zu unproduktiv und wenig zielgerichtet ist.

Fazit: Wie kann man diese Prinzipien und die klassische Periodisierung im Fußball nutzen?

Im Fußball könnte die klassische Periodisierung zum Beispiel im Übergang von Sommerpause bis zum Wettkampf genutzt werden; und wird es auch. Einerseits kann das körperliche Nachlassen über den Sommer mit Hausaufgaben, wie es unter anderem in Nationalmannschaften gemacht wird, etwas kompensiert werden. Andererseits kann in der Vorbereitung gezielt so trainiert werden, dass die konditionelle Grundlage über die gesamte Saison (oder in Deutschland bis zur Winterpause) gegeben ist.

Die Spieler bleiben also idealerweise über das gesamte Jahr fit und erreichen womöglich auch im Frühjahr ihr Hoch. Ein solches Periodisierungskonzept wurde beispielsweise von Lobanovskiy praktiziert und auch Jürgen Klinsmann beim FC Bayern München wollte so etwas einführen. Ein konditioneller Aufbau ist während der Saison kaum möglich.

Allerdings müssen hierbei auch die neuesten trainingsmethodischen Erkenntnisse bedacht werden. Aktuell wird sehr viel über Spielformen und Komplexübungen trainiert, welche dabei auch die Physis trainieren, ohne den Spieler zu sehr zu erschöpfen. Eine klassische Periodisierung sollte also dosiert genutzt werden; interessanterweise ist sie mit einer anderen Periodisierungsart, der wir uns noch widmen werden, vereinbar.

Die klassische Periodisierung könnte aber weiterhin genutzt werden. Arsene Wenger bei Arsenal und auch Sir Alex Ferguson tun dies nämlich ebenso wie Jupp Heynckes in der Bundesliga. Sie periodisieren die Einsatzzeiten ihrer Spieler und nutzen dabei die Rotation. Die Spieler bleiben fitter und werden weniger belastet.

Jupp Heynckes äußerte sich dabei vor einigen Wochen noch, dass im Trainingslager die Grundlagen gesetzt wurden und sich die Stammelf danach einspielen müsste. Erst nach dieser Einspielphase könne wieder stärker rotiert werden, was dann auch so umgesetzt wurde. Dies klingt nach einer klassischen Periodisierung der Einsatzzeiten und nur teilweise des Trainings, welche aber wohl ideal zum Fußball passt.

Die Wettkampfperiode nimmt hierbei nämlich nicht nur den größten Teil ein, sondern gut und gerne drei Viertel der gesamten Zeit in den Vereinen. Man kann sich davor nicht verschließen und glauben, man könne mit einigen wenigen Wochen eine monatelange physische Basis setzen. Stattdessen kann die Einsatz- und Regenerationszeit von Schlüsselspielern periodisiert werden und im Training die Wettkampfperiode mit der ersten Übergangsperiode gemischt werden – einer von mehreren Gründen, wieso ich persönlich die Periodisierung eher in vier statt in drei Teile unterscheide.

Praktisch heißt es: Die Spieler werden in Basisaspekten durchgehend geschult, während man sich immer wieder in bestimmten Phasen auf die jeweiligen Gegner anpasst. An bestimmten Tagen in englischen Wochen und an wiederum anderen in normalen Wochen hat man also eine festgelegte Anzahl an Regeneration, gegnerspezifischer Anpassung und weitergeführtem Grundlagentraining. Dies kann aber kurzfristig verändert werden, wenn gewisse Resultate oder Leistungsziele nicht erreicht werden.

Literaturverzeichnis:

[1]: Leonid Matveyev (1977): Fundamentals of Sports Training.
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